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Nachlese #2

Ich hebe das mal in einen neuen Blogpost, weil es sonst vielleicht nicht von allen, die es interessiert, bemerkt wird.

Gestern kommentierte die kaum überschätzbare Linda Breitlauch den Post „Kunstbrustnachlese wie folgt:

„Lieber Wolfgang, ausgerechnet das Bild einer „koksenden Frau mit falschen Brüsten“ als Vergleich zur Gamesbranche zu nehmen, finde ich interessant: du bedienst dich eines platten Frauenklischees, um eine männerdominierte Branche zu beschreiben. Mir ist bewusst, dass Du als offener Denker – gar als Vordenker – eine Metaebene aufmachen willst. Nur zu unserer Branche – finde ich – passt das Bild gar nicht.
Deinem dringenden Aufruf aus deinem zweiten Blogpost „Kunstbrustnachlese“ nach angemessener Förderung und einer sichtbaren politischen und gesellschaftlichen Aufmerksamkeit mag ich noch zustimmen. Wirtschaftsförderung im Sinne eines ausgewogenen globalen Wettbewerbs sieht sich dabei völlig anderen Anforderungen und Ansprüchen gegenüber als Kultur-und Kreativförderung. Klar ist: Die Entwicklerbranche steht aufgrund der fortschreitenden Professionalisierung heute vor vielen Herausforderungen, die mit anderen Branchen durchaus vergleichbar sind und von denen man lernen kann. Die Entwicklung ist aber auch: Crowdfounding, mobile Geräte als weitere Plattform, digitale Distribution u.v.m. – das sind Chancen für Indies, die es so vor zehn Jahren nicht gegeben hat. All dies hat in den letzten Jahren die früher übliche Abhängigkeit der Entwickler von Publishern aufgebrochen und den Markt auch kreativ bereichert. Höhere Markteintrittshürden fungieren dabei auch als Qualitätswächter – und das von Dir benannte Minecraft bestätigt dies beeindruckend. Und das ist wahrlich nicht das einzige Spiel, das als innovativ und kreativ bezeichnet werden kann aus den letzten Jahren. Diese Punkte sehe ich vor allem in deinem ersten post wenig beleuchtet.
Wir brauchen wahrnehmbare Positionen wie Deine. Aber bitte auch einen hoffnungsvolleren Blick darauf, was schon alles passiert ist: Die Anerkennung von Computerspielen als Kulturgut. Der Appell zur Gamesförderung, der es nicht nur bis in die „ZEIT“ geschafft hat, wie auch die Diskussion über Computerspiele als Kunst. Oder zur Ausbildung: was gab es da vor zehn, geschweige denn zwanzig Jahren im Vergleich zum heutigen, sichtbar verantwortungsvolleren Umgang mit dem Nachwuchs? Es gilt darauf aufzubauen, was die „Altvorderen“ der Branche erreicht haben. Wir als Branche sind gefragt, mit unseren Erfahrungen proaktiv mitzugestalten. Jedoch auch Vertrauen in die zu setzen, die sich gerade erst dazu entscheiden, Spieleentwickler zu werden – mit demselben Herzblut.
Polemik hilft möglicherweise, Aufmerksamkeit für dieses Thema zu erreichen. Aber Aufmerksamkeit alleine führt noch nicht dazu, mit den heutigen Anforderungen und schwierigen Prozessen gestaltend umzugehen.

Ich möchte es hier noch einmal ausdrücklich betonen: Es ist diese Form des Diskurses, die allen am Ende weiterhelfen kann. Eine Polemik kann das nicht. Die ist nur manchmal nötig, um überhaupt mal die Gehörgänge freizupusten. Entsprechend dankbar und detailliert fiel meine Antwort darauf heute morgen aus. Auch dieser Austausch kann aber nur der Beginn einer detaillierten, konstruktiven Analyse und Diskussion sein.

Liebe Linda,
hier jetzt die versprochene ernsthafte Auseinandersetzung mit Deinem Einwurf.

Bezüglich des platten Frauenklischees: Was ich verwende ist die Geschichte eines Menschen, der seinen eigenen Fähigkeiten nicht getraut hat und aus Angst, den Erfolg nicht dauerhaft gestalten zu können, irgendwann in der Vergangenheit dem Druck nachgab, der von außen auf ihn einwirkte. Ich benutze insofern kein Klischee, als dass es diese Menschen ja gibt. Sie werden tagtäglich in den Promisparten der Presse vorgeführt. Diese Menschen sind für mich Missbrauchsopfer – missbraucht von sich selbst und von anderen in einem Spiel, in dem es letzten Endes um Geld geht – und nicht mehr um die Talente und die Möglichkeiten, die diese Menschen einmal in die aktuelle Position gebracht haben.
Und ja: Ich denke, das passt als Metapher für unsere Branche momentan sehr gut. Dass ich auch einen sich entsprechend verhaltenden Mann hätte wählen können, ist korrekt. Allerdings finden bei Männern die optischen Optimierungsprozesse meist im subtileren Bereich statt und wären also schwerer zu schildern. Drittens: Ja, das mit der Metaebene ist korrekt. Viertens: Ich wollte natürlich ein wenig Aufmerksamkeit. Eine weitere Metaebene betrifft also auch mich, was mir in dem Augenblick klar war, in dem ich die Metapher wählte. Wie Adorno wusste: Es gibt kein richtiges Leben im Falschen. Ich gehöre zu der Industrie ja dazu. Mit allem Licht und Schatten. Und Licht gibt es auch, wie Du geschrieben hast. Dazu unten mehr.

Zu Deinen Anmerkungen zur Wirtschaftsförderung muss ich nichts mehr hinzufügen. Die stehen für sich und ich kann nur nicken.

Weniger optimistisch als Du bin ich im Bereich Crowdfunding. Dieser steht nämlich zum allergrößten Teil nur eingeführten Namen wirklich zur Verfügung. Dabei meine ich nicht einmal die 30 Millionen, die Chris Roberts eingefahren hat. Wenn ich heute von der Uni komme und meine eigene Spielidee habe, dann steht mir Kickstarter zwar theoretisch offen. Die Wahrscheinlichkeit, dort einen nennenswerten Teil der Entwicklungskosten wirklich zu erhalten, sind aber sehr gering. Denn niemand dort draußen kennt mich, niemand weiß, ob ich das gestemmt kriege. Der Vertrauenskredit, den ich verlange, ist einfach zu groß. Ich bin kein Gegner von Crowdfunding. Ganz im Gegenteil: Es ist ein wunderbares Werkzeug für Finanzierungsmodelle außerhalb der großen Publisher. Ich selbst habe gefundet und an einem Spiel mitgearbeitet, dass durch Kickstarter 50.000 Euro erzielt hat. Das Team hatte schon drei große Releases gestemmt, hatte also einen nachvollziehbaren Trackrecord.
Aber Crowdfunding ist in meinen Augen ein Finanzierungsmodell, das Einsteigern und bislang nur mäßig Erfolgreichen in der Regel nicht weiterhilft. Genau darum aber geht es mir ja: dass die gegenwärtige Marktsituation die Durchlässigkeit nicht gewährt, die gesund wäre. Kickstarter & Co haben andere Stärken, die ich nicht klein reden möchte, aber in dieser Frage helfen sie nicht sehr.

Ähnlich sieht es auch bei den von Dir erwähnten mobilen Geräten und digitalen Vertriebsplattformen aus. Richtig ist, dass die Entwicklung eines Mobile Games immer noch relativ billig ist. Wir sprechen aber dennoch zumeist von Kosten im hohen 5-stelligen Bereich – oder mehr. Und das ist natürlich kein Kleingeld. Diese Spiele treffen dann auf einen Markt, in dem sich buchstäblich zehntausende Konkurrenten tummeln – und der überwiegende Teil dieser Produkte steht kostenlos zur Verfügung. Ich kann also zunächst mal mit dem Spiel kein Geld verdienen, sondern muss eine entsprechend hohe DL-Zahl erreichen, um über Werbung und/oder DLC meine Produktionskosten wieder hineinzubekommen. Hier machst Du es dir in meinen Augen ein wenig zu einfach (ohne meine Ausrede “Polemik” zu haben ;-) ), wenn Du höhere Marktzugangshürden einfach nur der Qualitätskontrolle zuschlägst. Denn natürlich wird das qualitativ hochwertige Spiel ohne Marketingbudget es schwer haben gegen selbst den 123. Travian-Klon, der mit einem schicken Marketingbudget auf die Reise geschickt wird.
Jetzt war es natürlich schon immer so, dass Spiele ohne Marketingbudget es schwer hatten gegen entsprechend gepushte Spiele. Ein ausgleichender Faktor war da aber im alten PC-Markt die Presse, der es (zumindest in Deutschland) einigermaßen egal war, mit welchen Mitteln ein Spiel beworben wurde. Gute Spiele bekamen gute Wertungen und wurden so für den Kunden sichtbar. Diese Instanz fehlt im Mobile-Markt zwar nicht völlig, ist aber wesentlich schwächer ausgeprägt und kann diese wichtige Funktion deshalb auch nur ungenügend ausfüllen. Dies liegt natürlich auch an der unübersehbaren Masse der Produkte, die eine Redaktion alleine gar nicht testen könnte. Wir benötigen hier also vielleicht so etwas wie die in meinem zweiten Post angesprochene, eventuell in einem ähnlichen Modell wie die HuffPo arbeitende Online-Plattform, auf der sich der Kunde wirklich nach Qualitätsmaßstäben orientieren kann. So etwas wäre in meinen Augen ein gigantischer Schritt in die richtige Richtung.

Was den hoffnungsvollen Blick angeht, stimme ich Dir voll und ganz zu: Ja, wir brauchen ihn und nein, ich habe ihn in meinem ersten Post nicht geliefert. Wollte ich auch nicht, weil ich beim Blick in die Runde festgestellt habe, dass überall über die neuen Möglichkeiten gejubelt und Hoffnung verbreitet wird – aber kaum jemand sich traut, die Schwierigkeiten und Fehlentwicklungen zu schildern und mal beim Namen zu nennen. Dem wollte ich einfach mal einen Klotz entgegen setzen, einen dicken Klumpen in die andere Schale der Waage werfen, damit diese Diskussion vielleicht ein wenig in Gang kommt. Sollte ich das erreicht haben, dann hat der Post alles erreicht, was er wollte – und das allein bedeutet Hoffnung.

Genauso, wie all die Punkte, die Du aufgezählt hast, und aus denen etwas erwachsen kann. Aber aus denen bislang anscheinend nur ein riesiger Entwicklermarkt entstanden ist, in dem die Entwickler absaufen, ohne dass sie in meinen Augen eine echte Chance dazu haben, ihr Produkt fair bewertet und vermarktet zu bekommen. Sie werden in der Masse der Produkte einfach nicht bemerkt! Das ist nicht gut für den Kunden, dem ja sehr viele gute Spiele schlichtweg entgehen, weil er sie nicht findet. Das ist nicht mal gut für die großen Publisher, denen nach und nach ihre Brands wegbrechen, weil der Kunde es ja merkt, dass er die 60 Flocken mal wieder für etwas ausgegeben hat, das in den 90ern noch knapp als Mission-Disk durchgegangen wäre.

Und am Ende bin ich ganz bei Dir. Wenn es nur bei dieser Polemik bliebe (auch von mir aus), dann wäre sie besser nicht geschrieben worden. Wir als Branche müssen uns zusammensetzen und überlegen, wie wir die Zweiteilung der Industrie in Giganten und Prekariat aufheben. Das, was man gesamtgesellschaftlich den “Mittelstand” nennt, ist in der Branche viel zu schwach ausgeprägt und, Entwickler für Entwickler, nur einen Flop entfernt vom Absturz. Die menschlichen Kosten sind enorm und nach humanistischen Maßstäben schlichtweg inakzeptabel.
Ja, vieles ist schon am Platz, aber die Zahnräder greifen noch nicht ineinander. Es gibt keinen Grund, sich zufrieden zurückzulehnen und die neueste Konsolengeneration zu feiern (diese aktuelle Selbstzufriedenheit war es, die meinen Post letzten Endes getriggert hat), solange wir auf dem Feld der spielerischen Innovationen, die fast immer aus dem Indiebereich kommen, mehrere Generationen hinterherhinken, weil viele Innovationen gar nicht die kritische Masse erreichen um bemerkt zu werden. Auch das ist kein neues Phänomen, es ist aber eines, das sich meines Erachtens momentan eher wieder verschlimmert als verbessert.

Es fehlen noch Teile für einen wirklich funktionierenden Marktmechanismus, in dem alle qualifizierten Kräfte gut leben und arbeiten und also auch kreativ sein können. Die müssen wir als Branche identifizieren, entwerfen und konstruieren. Und solange das nicht erreicht ist, empfinde ich persönlich es als obszön, einen Milliardenumsatz an Tag 1 für Titel XYZ zu bejubeln, als hätten wir gerade Amerika entdeckt.

Lasst uns die Diskussion weiterführen. Am Ende wollen wir eigentlich alle das Gleiche. Ich bin gerne bereit, auf diesem Blog – wenn das gewünscht sein sollte – den entsprechenden Freiraum für eine moderierte Diskussion bereitzustellen. Muss ja nicht immer ich schreiben.

3 thoughts on “Nachlese #2

  1. schöner Post, ich als Branchenfremder bin gespannt, was sich entwickelt und werde hier weiter mitlesen.

    (…)Wir als Branche müssen uns zusammensetzen und überlegen, wie wir die Zweiteilung der Industrie in Giganten und Prekariat aufheben. Das, was man gesamtgesellschaftlich den “Mittelstand” nennt, ist in der Branche viel zu schwach ausgeprägt (…)

    Das ist leider nicht nur in Deiner/Eurer Branche so. Ich bin der Meinung, dass sich das über viele Branchen zieht.
    Ich habe das Gefühl, dass man entweder ganz groß wird oder (als das, was man „früher“ als Mittelstand bezeichnete) grad so vor sich hinwurstelt, dass man ein Auskommen hat. Das ganze sich dann aber fernab von der Sorglosigkeit und Sicherheit eines gesunden Mittelstandes abspielt.

    Gruß
    Enrico.

  2. Danke fürs Hervorheben dieser Antwort, Wolfgang.
    Mit Prekariat hast du ein ausnehmend treffendes Wort gewählt, das mit dem Problem eng verbunden ist. Dasselbe findet man überall, wo es um Kunst und Finanzierung geht, und dazu muss die Kunst noch nicht einmal höheren Ansprüchen genügen. Schon auf dem Buchmarkt sieht man deutlich den Unterschied zwischen guter Belletristik und jener, die unter Zeitdruck hingerotzt wurde (verzeih den Ausdruck; zu den letzten zweihundert Seiten vieler Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe, fällt mir nichts anderes mehr ein), weil der Nachfolgeband zu einem bestimmten Termin auf dem Markt sein soll.
    Unterstützt wird die Entwicklung durch die Angst vor einem Flop. Wenn ausgerechnet diejenigen, für die ein Flop das Ende bedeutet, auf der sicheren Seite manövrieren (und oft genug trotzdem auf Grund laufen), kann ich das verstehen. Wenn diejenigen, die daran nicht untergehen würden, das Wagnis nicht eingehen, bringe ich kein Verständnis dafür auf. Sie sind diejenigen, die Neuerungen und Entwicklung fördern könnten, ihr aber im Weg stehen und auch allen anderen den Weg vorgeben, ob sie ihm nun folgen oder eigene Pfade abseits davon suchen.

    Dein Posting über IPL habe ich mit großem Interesse gelesen und halte das Studio für eine Ausnahmeerscheinung. Eigentlich warte ich nur auf den ersten Kommentator, der behauptet, wahre Kunst könne nur unter Druck entstehen, also nehme ich die Behauptung vorweg (ich möchte sie, nebenbei bemerkt, gern in Blei gießen und jemandem, der sie todernst meint, auf die Zehen werfen). Wie groß der Druck bei IPL ist, weiß ich nicht, und auch nicht, wie sie mit ihrem Tanz am Abgrund zurechtkommen. Was ich weiß ist, wie persönliche Bekannte aus der Branche mit diesem Druck zurechtkommen. Da sind Ideen, Innovationen, Wünsche, Träume, ein geniales Konzept umsetzen zu können, und kein Raum, es zu tun, weil das Geld fehlt. Was helfen Ideen, wenn sie morgens nicht mit durch die Wohnungstür kommen, weil sie im alltäglichen Berufsleben nicht benötigt werden?
    Unter Druck kreativ sein bedeutet nicht, großartige Ideen zu forcieren. Es bedeutet, unnötig Energie auf Sorgen und Existenzerhaltung zu verschwenden. Der Druck, unter dem Kreativität wirklich gefördert wird, involviert nicht Portemonaie und Kühlschrank und die Heizung, denn der macht Kreative schlicht kaputt. Auch ohne diesen persönlichen Druck – annehmbar, wenn auch nicht wirklich gut bezahlt – spielt dieser Druck eine Rolle, wenn für den Mainstream produziert werden muss, um sich ausreichender Einnahmen sicher sein und diese annehmbare Position halten zu können.

    Ideen in Projekten für den Massenmarkt? Es braucht Mut und Glück und Werbung, um damit durchzukommen. Als Newcomer endet man auf dem Leichenhaufen vor den Mauern.
    Direktes Spielerfeedback hat sein Gutes, ist aber auch ganz schön desillusionierend: alles schreit nach Neuem, weiß dabei aber gar nicht, dass es letzten Endes nur neue Zerstreuung meint. Noch eine Mystery-Serie, noch eine Folge Krankenhauskitsch, noch etwas inhaltsleeres Geballer mit Patriotismus bitte. Aber etwas ganz Neues? Nicht doch. Man müsste ja umdenken.
    Ich erwarte nicht, dass Spieler ein Spiel objektiv würdigen, denn das ist nicht Sinn und Zweck. Wenn es aber auf (Brot und) Spiele, auf Zerstreuung ohne Herausforderung, reduziert wird, dann hat es die unscharfe Grenze vom Sinn des Spielens und Geschichtenerzählens hin zu dekadenter geistiger – Verzeihung: geistloser – Selbstbefriedigung überschritten.

    Es stimmt mich als Schreiberling sehr traurig, wenn ich in einem Spiel, auf das ich mich gefreut habe, die Lösung der nächsten Quest mit dem Gänsestopfer in den Hals gerammt bekomme, vorzugsweise verpackt in einen Dialog, der zwischen den Zeilen rein gar nichts enthält, weil es ja jemandem entgehen könnte. Als Designer würde ich gern in die Tischkante beißen, wenn statt optischer Hinweise und subtiler Andeutungen ein blinkender Questmarker den Weg weist und die Lösung ohne diesen zur Glückssache gerät.
    Innovationen müssen nicht groß sein, Abweichungen vom Mainstream nicht neu – wenn es sie nur überhaupt gäbe, wenn beispielsweise intelligentes interaktives Storytelling Standard wäre und keine Rarität zwischen all den interaktiven Filmen, die einem, wenn man zur richtigen Zeit den angezeigten Hotkey drückt, den nächsten Teil des Ablaufs ins Gesicht schleudern. Oh, ich vergaß die Herausforderung: sterben kann das virtuelle Alter Ego auch, wenn man zwischendurch mal ein Coke aus dem Kühlschrank holt. „Bestrafe Spieler nie für Fehler, die sie nicht begangen haben“ ist längst zu „Bestrafe Spieler nie, nie nie!“ geworden. (Hier übertreibe ich mit voller Absicht.)

    Wie schafft man den Mut, ausgetretene Wege zu verlassen, angefangen bei den Spielern und denjenigen, die dazu Mittel zur Verfügung stellen können? Irgendwann sind Spieler dermaßen konditioniert, dass es schwerer fällt, von diesem Weg abzuweichen. Man merkt es, wenn in einem RPG einmal eine Quest unter vielen ohne den Holzhammer auskommen soll. Es muss kein radikaler Schnitt sein. Eine Entwicklung hin zu mehr Vielfalt wäre wünschenswert. Wecken können wir nur das Bewusstsein für die Notwendigkeit bei allen Beteiligten; den Wunsch nach interessanten Neuerungen bei den Spielern; das Verständnis gegenüber denjenigen, ohne die all das nie entstehen würde, bei Publishern, Arbeitgebern, Presse und Marketing.

    Eine Kleinigkeit könnte den Anfang machen, beispielsweise keine feste Reihenfolge in der Auflistung von Games bei Greenlight, so dass durch Zufallsprinzip und / oder Tagging mehr Spiele Beachtung finden, die sonst ab Seite zwei im Schatten verschwinden. Ein Crowdfunding-Projekt, das den Mut aufbringt, zu sagen: Ihr spendet hier für ein Projekt, an das ihr glaubt, und nicht für zusätzliche Goodies, die an der Entwicklungszeit und dem Budget nagen.
    Oder jemand, der mit etwas mutiger, treffender Polemik in seinem Blog der Branche den Knebel aus dem Mund reißt. Dafür noch einmal Danke.

  3. Jeder kann was tun. Ein paar Euro investieren und ein Game von IPL kaufen zum Beispiel. Ansonsten hast Du mit vielem natürlich Recht. Vor allem mit dem Einwand, das existenzielle Sorgen selten gut für die Entfaltung von Kreativität ist. Ich bewundere die Jungs von IPL dafür ohne Grenzen.
    Sie SIND eine Ausnahmeerscheinung!

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